Helfen, heilen, trösten
Sie führen Blinde durch den Alltag, bringen Rollifahrern Gegenstände, begleiten Kinder zur Schule, holen Wäsche aus dem Trockner, warnen Diabetiker oder Epileptiker .... Das Aufgabenspektrum ist komplex, der Dienst dauert manchmal 24 Stunden am Tag und zur Belohnung gibt’s etwas zu fressen, manchmal ein Leckerli und viel Streicheleinheiten.

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Assistenzhunde bringen nicht nur Freude: Sie sind sehr effektive Helfer
(SHD) Assistenzhunde sind genügsame, aber unersetzliche Freunde und Helfer für viele behinderte Menschen.Während das Thema Assistenzhund in Deutschland gerne als rührende Anekdote in örtlichen Tageszeitungen genommen wird, gibt es in den USA, Pionierland in der Assistenzhundeausbildung, eine große Zahl an Studien zum Thema. Die US-amerikanische Hundeexpertin Melissa Winkle und die Medizinerin Terry K. Crowe von der Universität New Mexico haben die wichtigsten Untersuchungen zum Thema Assistenzhunde gesammelt und ausgewertet.
Das Resultat vorweg: Sei der Mensch, Autist, Mehrfachbehindert, Diabetiker, Tetraplegiker oder posttraumatisch angeschlagen: Ein Assistenzhund kann ihm erwiesenermaßen und meistens nutzen. Denn die „Engel auf
vier Pfoten“ helfen, heilen und streicheln die Seele. Mehr noch: Sie reduzieren Kosten im Gesundheitssystem: Wer einen Assistenzhund besitzt, braucht weniger Pflegestunden und bei psychischen Problemen oft weniger Medikamente. Winkle und Crowe kommen zum Schluss, dass Assistenzhunde „ein höchst vorteilhafter und kosteneffektiver Beitrag zum unabhängigen Leben von Menschen mit Behinderung“ sein können.
Wir fassen die Fakten zusammen.
Studien belegen den positiven Effekt von Assistenz-
und Therapiehunden
Psychologisch wertvoll sind Assistenzhunde für alle behinderten Menschen. Die Auswertung der Studien zum Thema in den USA ergab, dass sich sowohl körperlich behinderte Kinder und Erwachsene als auch Gehörlose oder Menschen mit posttraumatischen Störungen in allen Fällen sicherer fühlen und über vermehrte soziale Kontakte berichten.
Zwei Studien zeigen, dass Mitbürger Kindern und Erwachsenen im Rollstuhl eher zulächeln und mit ihnen Kontakt aufnehmen, als es bei Testpersonen ohne Hunde der Fall ist. Auch körperbehinderte Schulkinder in Begleitung eines Assistenzhunds bekommen wesentlich mehr Sozialkontakte und fühlen sich selbstbewusster als
Kinder der Vergleichsgruppe ohne Hund.
Effektiv und wirksam sind die vierbeinigen Helfer vor allem im Alltagseinsatz. Alle Testpersonen berichten von überaus positiven Veränderungen, seit Assistenzhunde in ihr Leben getreten sind.
Die meist ausgeführten Alltags-Aufgaben waren das Aufheben (89 %) und Bringen (79 %) von Gegenständen, das Bellen in Notsituationen (78 %) oder das Öffnen und Schließen von Türen (56 %). Alle Testpersonen sagen aus, sie seien durch Assistenzhunde weniger abhängig von anderen Personen.
Beachtliche Einsparungen bei der Pflege
Sparsame Pflegekräfte sind die „Engel auf Pfoten“ auch. Zwar ist ihre Ausbildung kostspielig, aber wie die Empirik zeigt, sparen Assistenzhunde im Gesundheitssystem Geld: Allen und Blascovich (1996) fanden heraus, dass Hundeteams in einigen Fällen bis zu 30 Pflegestunden pro Woche einsparten und berechneten über acht Jahre eine Gesamtersparnis von 60.000 Dollar.
Familienfreundliche „Service Dogs“ vermindern bei behinderten Menschen das Gefühl der Abhängigkeit von anderen Familienmitgliedern. Die Entlastung bei der Pflege hat positive Effekte auf die gesamte Familie: Forscher stellten bei Interviews fest, dass Pfleger weniger Last und größere Ruhe empfanden und
mehr Zeit für andere Dinge hatten.
Besser als Geräte: Laut einer Studie des Assistenzhunde-Zentrum in Osterode ist „der Diabetikerwarnhund schneller und sicherer im Anzeigen von Unterzuckerungen“, als der Blutzucker-Sensor“. Deutsche Forscher fanden zudem heraus, dass die Vierbeiner mit einer Trefferquote von bis zu 90 % verschiedene Krebsarten „erschnüffeln“ können - zum Teil präziser als Computertomografien.
Ein Multitalent in allen Lagen
Ein Assistenzhund ist ein Hund, der Aufgaben für Menschen mit körperlicher Behinderung oder psychischen Problemen übernimmt und ihnen somit hilft, den Alltag zu bewältigen.
Dazu gehören Blindenführhunde, Behindertenbegleithunde (BBGH), Warnhunde, die etwa vor Unterzuckerung warnen, Hunde für gehörlose Menschen (Signalhunde)
und so genannte Epilepsiehunde, aber auch PTBS-Hunde.
Ein Behinderten-Begleithund wird für körperbehinderte Menschen ausgebildet.
Er hilft dem Menschen im Alltag, indem er Aufgaben übernimmt, die sein Halter nicht alleine
bewältigen kann, zum Beispiel:
• Gegenstände auf Zuruf bringen
• Türen, Schubladen, Schränke öffnen
oder schließen
• Hilfe holen
• beim Ausziehen helfen
• im Haushalt helfen (z. B. Waschmaschine ausräumen).
Oft überschneiden sich auch die Aufgaben: So kann ein Diabetiker mit Körperbehinderung einen individuell auf ihn trainierten Hund bekommen, oder Körperbehinderte mit depressiven Phasen benötigen einen Behindertenbegleithund mit PTBS-Ausbildung.
Erfahrene Assistenzhundtrainer werden schon im Vorfeld mit dem Halter all diese Einsatzgebiete abklären, um ein individuelles Profil für die Alltagsarbeit in die Ausbildung einfließen zu lassen.

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Je nach Ausbildungsweg kostet das Training
zum Assistenzhund zwischen 4.000 und
25.000 Euro. Viel Geld für behinderte Menschen, die meistens eh an allem sparen müssen. Aber noch kein Grund, den Traum zu begraben.
Manche Trainigszentren bieten eine Ansparfinanzierung: In den Welpenmonaten der angehenden Assistenzhunde wird kontinuierlich Geld zur Seite gelegt, mit dem dann später die Hauptausbildung und Prüfung bezahlt werden.
Für den Fall der Fremdausbildung, also der teuersten Variante, haben sich viele Vereine und Stiftungen gebildet, die in Zusammenarbeit mit Presse und Sponsoren die Finanzierung der künftigen Assistenzhunde anstreben. Seriöse Ausbilder, die es mit der Qualität ernst nehmen, haben meist auch Zugang zu solchen Sponsorenquellen oder übernehmen selbst die Öffentlichkeitsarbeit in diesen Fällen.
Als erste Informationsquelle, leider nur in Englisch, eignen sich internationale Verbände, wie etwa der ADI (Assistance Dogs International) oder ADEu (Assistance Dogs Europe). Da Serviecehunde Deutschland e.V. an dieser Stelle keine werbliche Empfehlung aussprechen kann, sei nochmal darauf hingewiesen: Überzeugen Sie sich, dass die Hundeschule Ihrer Wahl Standards definiert, die sich an den Leitlinien der Spitzenverbände orientieren.
Bestehen Sie auch auf Erfolgsnachweise und achtenSie vor allem darauf, dass die Erziehungsmethoden artgerecht und gewaltfrei sind.
Denn immer gilt: Ihrem Helfer soll die Arbeit Spaß machen.

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